Am 18. März 2015 – dem Tag der politischen Gefangenen – fand in der Spandauer Neustadt eine sorgsam vorbereitete, mit exklusiven Diskutanten geplante Versammlung statt. (siehe „Antifaschismus verboten?“ vom 8.3.2015)

von links: Markus Tervooren, Jörg Kuhle, Gesine Lötzsch
Ziel sollte die Neugründung einer Spandauer regionalen und aktiven VVN-Gruppe sein. Zeitgleich hatten, über den Tag verteilt, Aktionen gegen die Feierlaune zur Eröffnung des Finanzmonuments Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main stattgefunden, die den Medien die übliche Hetze gegen „linksextremen Randalierern“ entlockte. Da Sevim Dagdelen kurzfristig nach Frankfurt/M gebeten wurde und dann durch Funksperrungen und Zugverspätungen nicht rechtzeitig in Berlin sein konnte, war das Podium um eine Person geschrumpft.
Das tat indes der Sache keinen Abbruch. Markus Tervooren, Geschäftsführer der VVN/BdA berichtete von seinem und dem Prozess anderer (Lothar König, Tim H.) vor sächsischen Gerichten – ihnen wurde mehrfacher schwerer Landfriedensbruch und Rädelsführerschaft vorgeworfen, weil sie mit einer VVN-Fahne, einem Lautsprecherwagen und einem Megaphon „bewaffnet“ waren, um die alljährlichen Nazidemos in Dresden zu stoppen. Nachdem die Anklage immer mehr zu bröckeln begann (es erwies sich, dass die „Beweis“-Videos künstlich verfälscht worden waren) wurden die Prozesse jeweils gegen Zahlungsauflagen an evangelische Gemeinden in Dresden eingestellt, um ‚den Rechtsfrieden zu erhalten‘.
Gesine Lötzsch, Mitglied des Bundestages für Die Linke, berichtete über die vielen Versuche, die Immunität von Parlamentariern aufzuheben, wenn sie aktive Gegenwehr gegen Nazis, Castor-Transporte und andere Ungerechtigkeiten zeigen und unterstützen. So ist es mehr als widersprüchlich, gemeinsam ‚Lichterketten für Toleranz‘, Aktivitäten wie ‚Gesicht zeigen‘, ‚Aufstand der Anständigen‘ etc. ins Leben zu rufen und gleichzeitig antifaschistische Arbeit zu kriminalisieren. Sie wies auch darauf hin, wie absurd es doch sei, wenn der VVN/BdA bis heute verfassungsrechtlich überwacht würde und selbst im Bundestagsgebäude ein Mahnmal für die von deutschen Faschisten verfolgten Reichstagsmitglieder stünde. In diesem Kontext müssten auch die bilderstürmerischen Straßenumbenennungen in den letzten 20 Jahren gelten, denen viele antifaschistische Kämpfer zum Opfer fielen.
Jörg Kuhle als Moderator gab der Diskussion durch seine familiäre Sozialisation den Spandauer Rahmen: 1944 als Sohn von Gerda und Hans Kuhle in der Spandauer Neustadt geboren, wuchs er mit dem Wissen um die antifaschistischen Aktivitäten seiner Eltern auf, die unter anderem bezichtigt wurden, „Illegale“ versteckt zu haben, wofür Hans Kuhle ins berüchtigte Strafbataillon der 999 kam, von dem er nicht zurück kehrte.
Die Zuhörer beteiligten sich an der nachfolgenden Diskussion und zeigten sich am Plan einer Spandauer VVN-Gruppe durchaus interessiert.
Selbst Christian Haß, Fraktionsvorsitzender der Spandauer SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Spandau erwägt wieder eine Mitgliedschaft im VVN.
So soll es am 22.04. mit einem nächsten Treffen weitergehen – Details folgen!