Der heutige Versuch, zum Gedenken an Wladimir Gall am Vorabend seines 6. Todestages eine Veranstaltung an der Tafel, die zu seinen und zu Ehren des Leutnants Grischin im Eingangsbereich der Zitadelle hängt, abzuhalten, wurde durch ein spektakuläres Polizeiaufgebot nahezu vereitelt. Peinlich, unfassbar, politisch unhaltbar war der Grund dafür: Die AfD hatte sich mit Frau von Storch und Herrn Farage zur Wahlveranstaltung in besonderem Ambiente verabredet. Gegendemonstranten wurden ab 14 Uhr auf die andere Straßenseite verwiesen – die Ampeln waren abgestellt, so dass nur Polizisten unbehelligt und einfach über die Straße kamen – und ein Protest konnte nur in reichlicher Entfernung statt finden. Den Menschen, die sich schon vor 16 Uhr – dem Zeitpunkt der Ehrung Wladimir Galls – eingefunden hatten, nicht zuletzt, um die Gegendemonstration zu unterstützen, wurde schon anfangs vermittelt, dass sie zwar ihr Recht zur Gedenkstunde bekämen aber das nur unter folgenden Bedingungen:
→ Sie werden zur Tafel eskortiert.
→ Es dürfen höchstens 10 Personen dorthin mitgenommen werden, deren Legitimation die Polizei (nach Gutdünken) entscheidet.
Die Hinweise auf die Tragweite der Veranstaltung, die seit Jahren einem bezirklichen Konsens entspringt, wurden abgetan. Als es Zeit war, sich zur Gedenktafel eskortieren zu lassen(!), war plötzlich die Rede von 4, später sogar nur 3 erlaubten Personen!!! Alle anderen wurden daran gehindert, ihr Recht auf Gedenken an den mutigen Retter der Spandauer Zitadelle, der am 1. Mai 1945 unter Einsatz seines Lebens eine unblutige Befreiung erwirkte (wir berichteten), auszuüben.
Der Aufwand der Polizei war enorm und flächendeckend – sie standen an der Einfahrt zur Zitadelle und schickten jeden weg, der sich nicht als AfD-Fan oder Hochzeitsbesucher outete. Selbst unsere Kirchenmitglieder mussten um einen Zugang kämpfen und erst als der Fraktionsvorsitzende der SPD, Christian Haß, mit dem Einsatzleiter sprach, durften noch einige wenige Personen dazu kommen. Jeweils mit Polizei-Eskorte!
Ein Gedenken wurde auch dann fast nicht möglich – der Autoverkehr vom und auf das Zitadellengelände wurde nicht etwa gestoppt. Unbehelligt fuhren AfD-Besucher und Akteure des morgen stattfindenden Burgfestes motorlärmend an der kleinen Gruppe vorbei. Die Polizei hatte anscheinend nicht mit dieser Veranstaltung gerechnet (obwohl sie Kenntnis davon hatten, wie sie anfangs sagten), denn sie waren nicht in der Lage oder willens, gleiches Recht für Antifaschisten gelten zu lassen wie für den Schutz einer rassistischen Nationalpartei.
Diese Situation ist letztlich eine unglaubliche Provokation, es mischen sich Fehlentscheidungen im Bezirksamt mit fehlendem Geschichtsverständnis. Eine Veranstaltung von Personen, die den Hitlerfaschismus bei jeder Gelegenheit relativieren und das Wort völkisch wieder im Alltag verankern möchte, die auf Flüchtlinge schießen lassen will und in der Nation die Lösung kapitalistischer Probleme sieht usw. usw., eine solche Veranstaltung zu schützen und gleichzeitig das Recht auf Gegenwehr und Ehrung zu verhindern, spottet jeder Beschreibung. Hierzu wird das das Bezirksamt erklären müssen.