Eine Petition steht seit etwa vier Wochen zur Unterzeichnung bereit. Bisher haben ihn fast 72 Tausend Menschen unterschrieben. Es sollten mehr werden!
Hier folgt der Text, den Esther Bejarano und der VVN-BdA e.V. für die Petition geschrieben haben:
Ich überlebte als Mitglied des „Mädchenorchesters“ das deutsche Vernichtungslager Auschwitz und konnte vor 75 Jahren auf dem Todesmarsch der Häftlinge des KZ-Ravensbrück der SS entkommen.
Ich bin Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der BRD e.V. und Ehrenpräsidentin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Ich fordere: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes. Dies schrieb ich in einem offenen Brief am 26. Januar 2020 „an die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollen“.
Die militärische Zerschlagung des Faschismus durch die Alliierten, Partisan*innen und Widerstandskämpfer*innen als Befreiung zu begreifen, bedeutet die richtigen Schlüsse zu ziehen und auch so zu handeln. Es ist nicht hinnehmbar, dass 75 Jahre danach extreme Rechte in allen deutschen Parlamenten sitzen und in immer rascherer Folge Mord auf Mord folgt.
Die Lehren des 8. Mai umzusetzen, bedeutet für uns:
- AfD, NPD und ihre Verbündeten aufzuhalten,
- das Treiben gewalttätiger und mordender Neonazis zu unterbinden, ihre Netzwerke in Polizei, Bundeswehr aufzudecken und aufzulösen,
- einzugreifen, wenn Jüdinnen und Juden, Muslime, Roma und Sinti und andere, die nicht in das Weltbild von Nazis passen, beleidigt und angegriffen werden,
- Geflüchtete in Deutschland aufzunehmen,
- die Logik des Militärischen zu durchbrechen und Waffenexporte zu verhindern und
- die Diffamierung und Behinderung demokratischer und antifaschistischer Gruppen und Organisationen durch Geheimdienste und Finanzämter zu beenden.
Sonntagsreden, die Betroffenheit zeigen, reichen nicht. Es muss gestritten werden für die neue Welt des Friedens und der Freiheit, die die befreiten Häftlinge im Schwur von Buchenwald als Auftrag hinterlassen haben. Ein offizieller bundesweiter Feiertag wäre dafür die regelmäßige Verpflichtung. – Nicht nur, aber eben auch an jedem 8. Mai.
Deshalb: Achter Mai – arbeitsfrei! Zeit für Antifaschismus!
Esther Bejarano und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)
…und ganz frisch noch dazu:
Offener Brief an den Berliner Senat
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben:
Den 8. Mai in Berlin auch 2021 als Feiertag begehen!
Der 75. Jahrestag der Befreiung ist in Berlin in diesem Jahr einmalig ein offizieller Feiertag und arbeitsfrei. Das ist eine gute Geste, aber doch ein bisschen wenig – feiern kann und sollte mensch die Befreiung und den Frieden doch in jedem Jahr. Und das nicht nur in Berlin.
Das fordert die VVN-BdA auch in ihrer aktuellen Petition an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble, Bundesratspräsidenten Dietmar Woidke und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Berlin könnte mit gutem Beispiel vorangehen: Gerade in Berlin hat das Corona-Virus das offizielle Gedenken von Bundestag und Bundesregierung, Abgeordnetenhaus und Senat, aber auch von zahlreichen Parteien und Initiativen fast zum Erliegen gebracht. Dabei hätte es ein eindrucksvoller Tag werden sollen.
Deshalb fordern wir den Berliner Senat auf, seine Initiative, den 8. Mai als Feiertag zu begehen, im Jahr 2021 zu wiederholen. 8. Mai, Tag der Befreiung, arbeitsfrei auch 2021. Die politischen Mehrheitsverhältnisse sollte es doch dafür geben. Dann könnten auch alle Pläne, die in diesem Jahr geplatzt sind, doch noch verwirklicht werden. Es wäre die Gelegenheit zu demonstrieren, wie wichtig für unsere Demokratie dieser Feiertag wirklich ist. Von Berlin nahm der NS-Terror seinen Anfang, und hier endete er. Gerade hier muss die Befreiung, der erste Tag des Friedens, gefeiert werden.
Überlegen Sie, wen die Stadt Berlin im kommenden Jahr aus In-und Ausland einladen und zu Worte kommen lassen könnte. Fragen Sie uns, wir haben Ideen, aber auch im nächsten Jahr nicht unbedingt das Geld.
Und: Es wäre eine der allerletzten Gelegenheiten, die letzten überlebenden Befreier*innen, Zeitzeug*innen und Befreiten zu Wort kommen zu lassen. Würdigen Sie das Wirken und (Über)leben dieser Menschen und der Generationen, die nach ihnen kamen. Und setzen Sie ein Zeichen unseres Dankes bei den Alliierten!
Darüber hinaus wäre ein Feiertag 8. Mai 2021 eine schöne Geste, um sich bei all jenen mit einem arbeitsfreien Tag zu bedanken, die in diesem Jahr die Last des Corona-Ausnahmezustands besonders stark tragen haben: Den Verkäufer*innen, Transportarbeiter*innen, Krankenpfleger*innen und Ärzt*innen – all jenen, die nicht ins Homeoffice abtauchen konnten.
Machen Sie aus dem 8. Mai 2021 ein Fest der Befreiung und der Demokratie!
Wir zählen auf Sie!
Berlin, 1. Mai 2020, Berliner VVN-BdA e. V.